
Abschied nehmen
Der Tod eines Kindes ist eine der schmerzhaftesten Erfahrungen – und in unserer Gesellschaft nach wie vor tabuisiert. Viele Familien fühlen sich in ihrer Trauer alleingelassen, auch weil das Umfeld aus Unsicherheit oft hilflos reagiert. Mit einer neuen Sensibilisierungskampagne macht der Dachverband Kinderkrebs Schweiz ab dem 1. September 2025 auf dieses Tabuthema aufmerksam und ruft zu mehr Offenheit, Solidarität und Unterstützung auf. Der Start fällt bewusst in den «Goldenen September», den weltweiten Aktionsmonat zu Kinderkrebs.
In der Schweiz erkranken jedes Jahr rund 350 Kinder und Jugendliche an Krebs. Während die meisten von ihnen geheilt werden können, überlebt jedes fünfte Kind die Krankheit nicht. Familien sind dadurch nicht nur mit dem Verlust konfrontiert, sondern oft auch mit der Erfahrung sozialer Isolation. Menschen aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis oder am Arbeitsplatz schweigen oder ziehen sich zurück, weil sie nicht wissen, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Betroffene Eltern erzählen: «Wir haben Angst, dass unsere Tochter in Vergessenheit gerät, wenn niemand mehr über sie spricht. Darum schätzen wir es, von ihr erzählen zu können, auch wenn es manchmal sehr schmerzhaft ist.» Diese Worte zeigen, wie wichtig ein offenes Umfeld ist, das Trauer nicht ausklammert, sondern Raum für Begegnungen und Gespräche schafft.
Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister
Für Familien bedeutet der Verlust eines Kindes einen tiefen Einschnitt, der ihr Leben für immer verändert. Die Trauer ist oft schon während der Krankheit spürbar, wenn Hoffnungen schwinden und die Endlichkeit greifbarer wird. «Jede Familie, jeder Abschied ist verschieden. Trauer verläuft nicht graduell, sie verschwindet nicht eines Tages, aber sie verändert sich im Laufe der Zeit», so Dr. med. Kathrin Hauri, Leitende Ärztin für Pädiatrische Palliative Care am Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB). Die Palliativbetreuung von Kindern und Jugendlichen beginnt nicht erst in der letzten Lebensphase, sondern kann bereits frühzeitig in den Behandlungsverlauf integriert werden. Sie schenkt Sicherheit, lindert Ängste und eröffnet Möglichkeiten, die verbleibende Zeit bewusst zu gestalten. Im Zentrum stehen dabei stets die Lebensqualität und die Begleitung der ganzen Familie – Eltern wie Geschwister – bis zum Tod des Kindes und darüber hinaus.
Familien stärken – der Trauer Raum geben
Offene Gespräche, kleine Gesten der Anteilnahme, gemeinsame Erinnerungen und Rituale können dazu beitragen, die Trauer Schritt für Schritt in das neue Leben zu integrieren. Ein Umfeld, das zuhört, konkrete Unterstützung bietet und nicht wegschaut, kann dabei helfen. «Aus Erfahrung wissen wir, dass neben den professionellen Angeboten und einem tragenden sozialen Umfeld auch der Austausch unter betroffenen Eltern eine wichtige Rolle spielt, etwa in Trauergruppen, wie sie unsere Mitgliedsorganisationen anbieten. Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet zudem die neue digitale Infoplattform von Kinderkrebs Schweiz. Sie bietet Orientierung, Unterstützung und wertvolle Hinweise rund um das Leben mit und nach Kinderkrebs», so Elena Guarnaccia, CEO von Kinderkrebs Schweiz. Mehr dazu hier.