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Offizielle Preisverleihung in Bern

Am 18. Juni 2025 fand die offizielle Verleihung des Förderpreises in Bern statt. Die mit 35’000 Franken dotierte Auszeichnung ging in diesem Jahr an Lara Chavaz vom Universitätsspital Genf. Sie untersucht die Spätfolgen bestimmter Therapien, die häufig zur Behandlung von Krebs eingesetzt werden, bei jungen Patienten jedoch zu Schwerhörigkeit führen können.

Mit diesem Förderpreis zeichnet der Dachverband alljährlich junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus, die an Schweizer Forschungsinstituten oder Spitälern herausragende und zukunftsweisende Projekte im Bereich der Grundlagenforschung durchführen. Kinderkrebs Schweiz hat mit Lara Chavaz ein Interview über ihr Forschungsprojekt geführt.  

 

Frau Chavaz, um was genau geht es in Ihrem Forschungsprojekt?

Heute können wir dank der Forschung vier von fünf Kindern heilen, aber die Behandlungen führen in vielen Fällen leider auch zu langfristigen gesundheitlichen Komplikationen. Die Schädigung des Gehörs, genauer gesagt des Innenohrs, ist eine davon. Ins­ besondere platinhaltige Chemotherapeutika, die sehr wirksam bei der Behandlung von Leber­ und Knochentumoren sowie anderen Tumoren sind, können die Sinneszellen des Innenohrs irreversibel schädigen. So führt Cisplatin, die am häufigsten verwendete platinbasierte Chemotherapie in der Kinderkrebsheilkunde, bei einem von drei Patienten zu Schwerhörigkeit bis hin zu Hörverlust. Mit den Erkenntnissen aus unserem Forschungsprojekt, das von Kinderkrebs Schweiz und der Stiftung CANSEARCH mitfinanziert wird, möchten wir dazu beitragen, dass die Behandlungen in Zukunft verbessert und diese Art der Spätfolgen möglichst geringgehalten werden können.

 

Welche Kinder haben ein besonders hohes Risiko für einen therapiebedingten Gehörschaden?

Je jünger die erkrankten Kinder sind und je höher die verabreichte Dosis ist, desto mehr steigt die Gefahr, dass sie einen Hörverlust erleiden. Zwar gibt es Möglichkeiten, Cisplatin durch weniger toxische Chemotherapeutika zu ersetzen oder präventiv Medikamente zu verabreichen, aber es ist unklar, ob diese alternativen Therapien ebenso wirksam sind. Daher ist Cisplatin nach wie vor das Chemotherapeutikum der ersten Wahl. Andere Chemotherapien wie Vincristin, die häufig zusammen mit Cisplatin verabreicht werden, können ebenfalls das Gehör beeinträchtigen. Wir wissen, dass diese beiden Substanzen erfolgreich Krebszellen ausschalten können, aber nicht, warum sie so häufig die Innenohrzellen dauerhaft schädigen. Neuere Studien deuten darauf hin, dass das Zusammenwirken der beiden Medikamente zu einer höheren Toxizität führen könnte. Deshalb untersuchen wir im Labor die zellulären Mechanismen, die daran beteiligt sind. Erst ein genaues Verständnis dieser grundlegenden Prozesse wird es möglich machen, Hochrisikopatienten zu identifizieren, Präventivmassnahmen zu ergreifen und Medikamente zu entwickeln, die vor einem Hörverlust schützen können.

 

Warum ist die Forschung im Bereich der Spätfolgen so wichtig?

Die Kinderkrebsmedizin hat in den letzten Jahrzehnten immense Fortschritte gemacht. Deshalb überleben erfreulicherweise immer mehr Patienten die Krankheit, aber die meisten von ihnen kämpfen danach mit Spätfolgen. Manche weniger, andere mehr. Während die Forschung früher auf die Heilung fokussierte, rückt mit einer steigenden Zahl von Kinderkrebsüberlebenden die Lebensqualität vermehrt in den Mittelpunkt. Hier setzt auch unser Forschungsprojekt an. Bei therapiebedingten und irreversiblen Spätfolgen am Gehör sind die Auswirkungen individuell sehr unterschiedlich. Generell kann man aber sagen, dass je jünger ein Kind ist, desto schwieriger ist es, eine Hörstörung zu erkennen, und desto schwerwiegender kann sich diese auf seine Entwicklung auswirken. Dazu gehören zum Beispiel Probleme beim Spracherwerb, bei der schulischen Leistung und den sozialen Fähigkeiten. Deshalb sollten wir alles daransetzen, um auf den jeweiligen Patienten zugeschnittene Therapien zu entwickeln, die den Krebs erfolgreich bekämpfen, aber möglichst wenig gesundheitliche Langzeitfolgen mit sich bringen.

 

Was motiviert Sie am meisten bei Ihrer Arbeit und warum die Grundlagenforschung?

Nach meinem Medizinstudium habe ich als Assistenzärztin in der Pädiatrie gearbeitet und begonnen, mich für das Thema Onkologie und Spätfolgen zu interessieren. Dort konnte ich sehen, dass die meisten Kinder zwar geheilt werden, danach aber meistens mit dauerhaften Gesundheitsproblemen zu kämpfen haben. Ausserdem betreue ich ehrenamtlich in einer Organisation sogenannte Survivors, junge und ältere Menschen also, die als Kind oder Jugendlicher an Krebs erkrankten. Auch hier wird deutlich, dass das Leben nach der Krankheit aufgrund der Spätfolgen ein anderes ist. Für all diese Erfahrungen bin ich dankbar, denn sie zeigen, wie wichtig es ist, dass die Kinderkrebsmedizin in Bezug auf die Lebensqualität weiter Fortschritte macht. Dabei hilft uns die Grundlagenforschung. Sie ermöglicht ein besseres Verständnis der zellulären und molekularen Mechanismen, die bei einer Krebstherapie ins Spiel kommen. Mit diesem Wissen könnten Behandlungsansätze so optimiert werden, dass keine oder nur geringe Spätfolgen entstehen, damit auch krebskranke Kinder eine Chance haben, sich zu möglichst gesunden Erwachsenen zu entwickeln.