Kinderkrebs Schweiz übergibt Förderpreis
Am 26. Juni 2024 fand die offizielle Verleihung des Förderpreises in Bern statt. Die mit CHF 30’000 dotierte Auszeichnung ging an Caroline Piccand vom Inselspital Bern. Ihr innovatives Forschungsprojekt hat zum Ziel, eine neuartige Immuntherapie für Rhabdomyosarkome (RMS) zu entwickeln. RMS gehören zu den häufigsten bösartigen Weichteiltumoren bei Kindern und Jugendlichen.
Mit diesem Förderpreis zeichnet der Dachverband alljährlich junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus, die an Schweizer Forschungsinstituten oder Spitälern herausragende und zukunftsweisende Projekte im Bereich der Grundlagenforschung durchführen.
Kinderkrebs Schweiz hat mit Caroline Piccand ein Interview über ihr Forschungsprojekt geführt.
Frau Piccand, was genau sind Rhabdomyosarkome und warum sind sie Gegenstand Ihrer Forschung?
Rhabdomyosarkome gehören zur Gruppe der sogenannten Weichteilsarkome. Diese seltenen und bösartigen Tumorarten können in Weichteilen wie Muskeln, Bindegewebe, Nerven, Blut- und Lymphgefässen sowie Fettgewebe entstehen. Rhabdomyosarkome sind die am häufigsten auftretenden Weichteiltumore im Kindesalter und nur schwer heilbar. Grob gesagt, lassen sie sich in zwei Kategorien unterteilen: in eine sehr aggressive Form und eine weniger aggressive. Die aktuellen Therapien haben aufgrund ihrer hohen Toxizität sehr starke Nebenwirkungen und Langzeitfolgen für die Patienten. Bei der hochaggressiven Variante, bei der sich Metastasen bilden, sind die Prognosen leider schlecht. Deshalb zielt unser Forschungsprojekt darauf ab, eine neuartige Therapie gegen Rhabdomyosarkome zu entwickeln.
Sie arbeiten an der Entwicklung einer neuartigen Immuntherapie. Wie funktioniert so eine Therapie?
Krebszellen sind sehr anpassungsfähig und in der Lage, dem Immunsystem auszuweichen. Auf diese Weise können sie ungehindert wuchern. Genau hier setzen moderne Therapieformen an. Diese Therapien ermöglichen es den Immunzellen des Patienten, das Versteckspiel der Krebszellen zu durchschauen und sie gezielt anzugreifen. Für unser Forschungsprojekt verwenden wir die sogenannte CAR-T-Zell-Therapie. Bei diesem neuartigen Behandlungsansatz werden körpereigene Abwehrzellen des Patienten im Labor gentechnisch modifiziert und zurück injiziert, wo sie dauerhaft den Krebs vernichten können. Man spricht deshalb auch von gezielter oder personalisierter Medizin. Die CAR-T-Zell-Therapie wird bereits erfolgreich bei Kindern mit Leukämieerkrankungen eingesetzt. Wir untersuchen im Labor nun, ob sich diese innovative Technologie auch für die Behandlung von soliden Tumoren wie dem Rhabdomyosarkom eignet.
Wo stehen Sie aktuell bei Ihrem Forschungsprojekt?
Die bisherigen Forschungsergebnisse sind sehr vielversprechend. Wir konnten zeigen, dass unsere CAR-T-Zellen eine hohe Anti-Tumor- Wirksamkeit haben und keine sichtbaren Anzeichen von Nebenwirkungen auftreten. Das spricht dafür, dass sie sicher sind und sich möglicherweise für eine Behandlung eignen könnten. Bevor das Projekt jedoch offiziell als neuartige Therapiestrategie gegen Rhabdomyosarkome zugelassen werden kann, muss es erst noch in klinischen Studien validiert werden. Ich bin jedoch sehr zuversichtlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Nur wenn wir verstehen, wie Tumorzellen funktionieren und sich im Laufe der Erkrankung weiterentwickeln, können wir wirksame Therapien entwickeln. Das Preisgeld von Kinderkrebs Schweiz hilft uns bei der nächsten Etappe, in der es darum geht, einzelne Tumortypen zu analysieren und bestimmte Muster zu identifizieren, um diese dann gezielter anzugreifen.
Warum ist Grundlagenforschung wichtig und wo liegen die grössten Herausforderungen?
Die Grundlagenforschung ist ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg zum Patienten. Denn jedes Medikament, jede Behandlung, jedes Heilmittel muss zunächst einmal im Labor entwickelt werden, bevor es in klinischen Studien erprobt und dann offiziell zugelassen wird. Was das Rhabdomyosarkom anbelangt, so wurden in den letzten Jahrzehnten dank Chemo- und Strahlentherapie einige Fortschritte erzielt, aber die metastasierenden Formen dieser aggressiven Krebsart sind immer noch schwer behandelbar und die bestehenden Therapieformen müssen unbedingt verbessert werden. In der Schweiz stehen wir leider vor der Herausforderung, dass die Kinderkrebsforschung über zu wenig Mittel verfügt. Wenn wir als Gesellschaft aber wollen, dass so schutzbedürftige Patienten wie Kinder die bestmöglichen Therapien erhalten können, müssen wir mehr in die Forschung investieren. Fördergelder von Organisationen wie Kinderkrebs Schweiz helfen uns dabei, aber es liegt noch ein langer Weg vor uns.
Was motiviert Sie bei Ihrer Arbeit am meisten?
Unser Labor befindet sich direkt im Kinderspital. Deshalb habe ich bei meiner Arbeit regelmässig Kontakt mit den kleinen Krebspatienten und die einzelnen Schicksale gehen mir häufig sehr nahe. Ihnen helfen zu können, ist die grösste Motivation für mich. Das Thema Krebs hat mich als Wissenschaftlerin immer interessiert, und ich empfinde es als sehr ungerecht, dass unschuldige Kinder an einer so bösartigen Krankheit leiden müssen. Wenn meine Forschungsergebnisse eines Tages dazu beitragen können, dass mithilfe neuer Therapien mehr dieser Kinder geheilt werden und eine bessere Lebensqualität erhalten, dann macht mich das sehr glücklich.