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«Dank der Car-T-Zelltherapie sind wir nun in der Lage, Kinder zu behandeln, für die es zuvor keine Behandlungsoption mehr gab»

Dr. med. Francesco Ceppi

Francesco Ceppi ist Kinderonkologe in der Abteilung Pädiatrische Onkologie-Hämatologie am Lausanner Universitätsspital (CHUV). Sein Spezialgebiet sind Immuntherapien, die bereits bei erwachsenen Krebspatienten erfolgreich eingesetzt werden. Auch die Kinderonkologie setzt grosse Hoffnung auf diese innovativen Behandlungsmethoden. Erste Ergebnisse aus klinischen Studien sind äusserst vielversprechend, aber es muss noch intensiver geforscht werden.

 

Herr Dr. Ceppi, Immuntherapien gelten als die grossen Hoffnungsträger im Kampf gegen Krebserkrankungen. Was macht diese neuartigen Behandlungsmethoden so erfolgreich? 

Immuntherapien haben in den letzten 15 bis 20 Jahren die Behandlung von Krebserkrankungen revolutioniert. Dank hochmoderner Forschung wissen wir heutzutage, wie das körpereigene Immunsystem eines Menschen genutzt werden kann, um den Tumor zu bekämpfen. Die bei einer Immuntherapie eingesetzten Verfahren und Medikamente bewirken im Idealfall, dass die körpereigenen Immunzellen die Krebszellen erkennen, diese angreifen und zerstören. Weil Immuntherapien zielgerichteter sind als herkömmliche Chemotherapien, haben sie eine höhere Wirksamkeit und gleichzeitig weniger kurz- und langfristigen toxischen Nebenwirkungen. Dazu muss man wissen, dass diese toxischen Nebenwirkungen die Entwicklung von Kindern beeinträchtigen und bei Erwachsenen mit Begleiterkrankungen sogar zum Tod führen können. Zu den derzeit vielversprechendsten Ansätzen gehören Antikörpertherapien, CAR-T-Zelltherapien und Tumorimpfstoffe, um nur einige zu nennen. Immuntherapien wirken aber nicht bei jeder Krebsart und bei jedem Patienten. Deshalb ist es wichtig, die Forschung in diesem Bereich fortzusetzen.

 

Welche Vorteile haben Immuntherapien, insbesondere für junge Patienten, die nach der Heilung häufig mit zum Teil schwerwiegenden Langzeitfolgen zu kämpfen haben? 

Heutzutage können vier von fünf krebskranken Kindern und Jugendlichen erfolgreich behandelt und geheilt werden. Aber die aggressiven Therapien, die dafür notwendig sind, können ihr Wachstum und ihre Entwicklung zum Teil massiv beinträchtigen. So leiden circa 80 Prozent der ehemaligen Kinderkrebspatienten (Survivors) an mittel- bis schwerwiegenden Spätfolgen. Dank klinischer Studien ist es zum Beispiel gelungen, die Heilungsrate bei pädiatrischen Leukämien seit den 1960er Jahren stetig zu verbessern, so dass sie heute bei circa 90 Prozent liegt. Das ist eine beachtliche Leistung. Aber die konventionellen zur Behandlung eingesetzten Medikamente können erhebliche Nebenwirkungen auf das körperliche, soziale und emotionale Wohlbefinden von Survivors haben. Aus diesem Grund hat sich die Kinderonkologie in den letzten Jahren verstärkt darum bemüht, die Toxizität der Behandlungen zu reduzieren und somit die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Innovative Therapieansätze, wie monoklonale Antikörper oder CAR-T-Zellen, sind vielversprechende Optionen. Sie könnten bei der Erstbehandlung von kindlichen Leukämien einen grossen Teil der intensiven Chemotherapien und in besonders schweren Fällen eine Transplantation des Knochenmarks ersetzen und somit die Langzeitfolgen erheblich verringern.

 

Für manche Kinder, die unter besonders aggressiven Formen von Leukämie leiden, ist die CAR-T-Zelltherapie oft die letzte Hoffnung. Wie funktioniert dieser neuartige Behandlungsansatz?

Die CAR-T-Zelltherapie ist eine Immuntherapie, bei der vereinfacht gesagt, menschliche Immunzellen gentechnologisch so verändert werden, dass sie Krebszellen erkennen und bekämpfen. Dabei werden dem Körper Abwehrzellen (T-Lymphozyten) entnommen, im Labor aufbereitet und vermehrt, um sie dem Patienten dann wieder zu injizieren. Bei Kindern mit einer akuten lymphoblastischen Leukämie (ALL), bei denen die üblichen Behandlungsstrategien versagen oder bei denen der Krebs zurückkommt, sind die Heilungserfolge äusserst beeindruckend, wie klinische Frühstudien aus den USA gezeigt haben. In der Schweiz ist die Behandlung mit CAR-T-Zellen bislang auf bestimmte Patientengruppen beschränkt. Dazu gehören unter anderem um junge ALL-Patienten, die nach einer Knochenmarktransplantation einen Rückfall erleiden, oder die nicht auf die herkömmlichen Therapien ansprechen. Dank der Car-T-Zelltherapie sind wir nun in der Lage, Kinder zu behandeln, für die es zuvor keine Behandlungsoption mehr gab. Nichtsdestotrotz müssen wir die Forschung in diesem Bereich weiter vorantreiben, weil die Heilung leider oft nicht von Dauer ist und die Hälfte der Patienten einen Rückfall erleidet. Aus diesem Grund arbeiten wir im Rahmen von internationalen klinischen Studien mit anderen Forschungsgruppen daran, diese Technologie zu verbessern.

 

Wo sehen Sie derzeit die grössten Herausforderungen für die Kinderkrebsforschung und was motiviert Sie persönlich bei Ihrer Arbeit?

Die Ergebnisse, die wir sowohl bei Immuntherapien als auch bei gezielten Therapien sehen, sind sehr vielversprechend. Die grosse Herausforderung besteht darin, diese neuen Behandlungsansätze immer frühzeitiger zu integrieren, um die klassische Chemotherapie ganz oder zumindest teilweise zu ersetzen. Nur so kann es uns gelingen, die kurz- und langfristigen Nebenwirkungen zu reduzieren und die Lebensqualität unserer jungen Patienten während und nach der Krebstherapie zu verbessern. Für mich persönlich ist es wichtig, Antworten zu finden, zum Beispiel auf die Frage, warum bestimmte Untergruppen von Leukämien resistent gegen Standardbehandlungen sind. Und ich möchte dazu beitragen, Therapien zu entwickeln, die so wenig Nebenwirkungen wie möglich für unsere jungen Patienten haben. Unser Ziel muss sein, dass ein Kind in der Therapie ein möglichst «normales» Leben führen kann. Die Entwicklung von solchen neuen und wirksameren Immuntherapien könnte auch eine Lösung für Kinder in Entwicklungsländern sein, in denen aggressive Chemotherapien und Knochenmarktransplantationen aufgrund der Nebenwirkungen nicht eingesetzt werden können.

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